
Universalmuseum Joanneum Graz
Interview mit Mag. Dr. Karin Leitner-Ruhe
Bitte stellen Sie sich und Ihre Arbeit kurz vor.
Die Alte Galerie ist die Gemälde-, Skulpturen- und Graphiksammlung der Alten Meister des Landes Steiermark und im Universalmuseum Joanneum in Graz eingebunden. Die Abteilung beherbergt über 1.200 Gemälde, 130 mittelalterliche Glasgemälde, mehr als 400 Skulpturen und über 15.000 Arbeiten auf Papier vom 13. bis zum 18. Jahrhundert.
Mein Name ist Karin Leitner-Ruhe. Ich bin Kunsthistorikerin und seit 1992 in verschiedenen Funktionen in der Alten Galerie angestellt (Kuratorin für die mittelalterliche Sammlung, Provenienzforscherin für das gesamte Joanneum und Kuratorin des Kupferstichkabinetts)
Seit 2013 bin ich Chefkuratorin der Alten Galerie und somit für alles zuständig. Meine fachlichen Schwerpunkte bleiben die mittelalterliche Sammlung, die Geschichte des Hauses und deren Objekte sowie die graphische Sammlung. Letztere kann ich tatsächlich als mein Herzensstück bezeichnen, habe ich rückblickend in der Schule schon lieber gezeichnet als gemalt.
Wenn Sie ein paar Jahre zurückblicken, wie haben sich die Anforderungen an die Digitalisierung in Ihrem Haus verändert?
Als ich 1992 im Museum angefangen habe, waren wir noch im analogen Zeitalter. Zu dem Zeitpunkt gab es keinen Computer in unserer Abteilung. Es bestand aber bereits eine Arbeitsgruppe zur EDV-mäßigen Erfassung des Inventars. In diese bin ich eingestiegen ohne wirklich zu wissen, wohin die Reise gehen soll. Die außeruniversitäre Forschungsgesellschaft Joanneum Research, mit Sitz in Graz, entwickelte gemeinsam mit dem Museum ein Inventarisierungsprogramm: Imdas Pro, das am Beginn Musis hieß.
Meines Wissens gab es zu dieser Zeit noch kein solches Produkt auf dem Markt. So war es eine Herausforderung, ein dementsprechendes Programm zu entwickeln. Zuvor hat man analog mit Karteikarten gearbeitet. Aber wie setzt man so etwas technisch um, wenn man außer mit einem Textprogramm noch keine Computererfahrung hat? Zu dieser Zeit (1992 ff.) war es z.B. nur möglich eine Eingabemaske für alle Abteilungen zu erstellen, egal ob es sich um Ameisen, Rüstungen oder ein Gemälde handelt. Dazu sei angemerkt, dass das Universalmuseum Joanneum Zeugnisse der Geschichte, Kunst, Kultur und Natur des Landes Steiermark beherbergt. Es war Anfang der 1990er Jahre nicht möglich, mehrere Ebenen hintereinander zu legen. Ab 1995 konnte man immerhin individuell einen Zweizeiler für jede Abteilung einfügen. Dadurch wurde das Programm sowohl für naturwissenschaftliche als auch kunst- und kulturwissenschaftliche Sammlungen nutzbar. Heute gibt es allein von den Eingabemasken her viel umfangreichere Möglichkeiten. Es ist unerheblich, ob ich Malerei, Druckgraphik oder Handzeichnungen eingebe. Ich kann jede Eingabemaske individuell anpassen.
Den Beginn der Digitalfotografie verorte ich Anfang der 2000er Jahre. Ich kann mich an eine kleine Digitalkamera erinnern, mit der wir Arbeitsfotos anfertigten. Damit haben wir unsere Ausstellungen vorbereitet. Diese Fotos wurden auch in das Inventarisierungsprogramm übernommen.
In den 1990er und 2000er Jahren waren zwei bis drei professionelle Fotografen im Joanneum beschäftigt. Heute ist es nur mehr ein hauseigener Fotograf, der alles aus den verschiedenen Abteilungen fotografiert (siehe Ameise etc.). Der große Schritt für mich war nun tatsächlich die Finanzierung für ein Digitalisierungsprojekt. Dieses wurde vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport (BMKKÖS) gefördert. Über die Förderung „Kulturerbe digital“ konnten wir 2023/24 zwei Vollzeitkräfte für 15 Monate anstellen. Mit dem Budget wurde es möglich, den SensiShot Museumsscanner von Walter Nagel anzukaufen. Das Equipment ermöglichte (und tut es noch immer) die Erstellung von Digitalisaten der Druckgraphiken aus dem Kupferstichkabinett und die Verknüpfung mit dem Sammlungsmanagementsystem Imdas Pro.
Wie sind Sie vorgegangen, um sich am Markt nach passenden Lösungen umzuschauen?
Zunächst habe ich mich mit unserem Fotografen besprochen, der mich darauf aufmerksam machte, dass im Museum bereits ein SensiShot-Scanner existiert, und zwar in der Multimedialen Sammlung. Mein Kollege Michael Posch hat mir das Gerät gezeigt und erklärt und ich war gleich begeistert. Darüber hinaus bin ich Mitglied in zwei Netzwerken von graphischen Sammlungen im deutschsprachigen Raum. In diesen arbeiten bereits mehrere Kolleginnen und Kollegen mit dem SensiShot, die ihn mir nur empfehlen konnten. Zudem fand in Wien ein Treffen statt, bei dem Herr Peters die Arbeitsweise von verschiedenen Scannern präsentierte und Frage und Antwort stand. Es war sehr hilfreich, den Workflow und die einfache Bedienung der Geräte sowie der Software zu sehen und unterstützte unsere Entscheidung.
Was war Ihnen bei der Auswahl einer passenden Lösung besonders wichtig?
Der Workflow ist und war ein sehr wichtiges und ausschlaggebendes Kriterium. Wir mussten die Digitalisate in einer relativ kurzen Zeit erstellen, weswegen die Entscheidung auf den SensiShot fiel. Er ist einfach zu bedienen und gekoppelt mit der Software lassen sich z. B. aneinandergereihte Inventarnummern automatisiert vergeben. So können ganze Mappen zügig digitalisiert werden. Die Projektmitarbeiterinnen, die mit dem SensiShot arbeiteten, bestätigten den mühelosen Workflow, die einfache Bedienung und die klaren Anleitungen, die beinahe selbsterklärend sind. Das Speichern in verschiedenen Dateiformaten ist eine große Erleichterung. Man muss keine Dateien einzeln öffnen, um Namen oder Inventarnummern händisch zu vergeben und zu speichern.
Was sehen Sie als nächste große Aufgabe im Bereich der Digitalisierung in Ihrem Haus?
Was ich mir natürlich wünsche, ist die Digitalisierung des zweiten Teils des Kupferstichkabinetts, also der druckgraphischen Sammlung. Mit der Förderung des Ministeriums konnten wir beim ersten Call die Hälfte der Sammlung digitalisieren. Beim zweiten Call sind wir leider nicht berücksichtigt worden. Ich hoffe auf weitere Fördermöglichkeiten, um den Rest des Kupferstichkabinetts vollständig digitalisieren zu können.